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Interview: Ein Studium für den Frieden

Weltweites Engagement

Herr Lokii Lokwaar Eliah, wie kamen Sie zum Holy Trinity Peace Village Kuron (kurz: Peace Village)?

Ich bin nach meinem Gymnasialabschluss im Jahr 2013 zum Peace Village gekommen. Ich bin in dieser Region geboren und aufgewachsen, ich fühle mich mit ihr verbunden. Deshalb wollte ich mich vor Ort engagieren. Ich habe Friedenstreffen zwischen durch Rinderraub und Kindesentführungen verfeindeten Stämmen organisiert und moderiert. Außerdem habe ich in der Theatergruppe geholfen, die Stücke in Kuron und Umgebung, aber auch in Kenia und Uganda aufführt. Solche Aktivitäten stärken die Gemeinschaft und schärfen das Bewusstsein für kritische Herausforderungen. Diese Dinge sind wichtige Bestandteile der Vision, für die das Peace Village steht.

Was motivierte Sie dazu, ein Studium anzufangen?

Mein Traum war es eigentlich, Journalist zu werden. Aber durch meine Arbeit beim Peace Village entstand ein anderer, neuer Traum: Ich möchte jetzt ein globaler Friedensbotschafter werden. In meiner Heimat geschahen unmenschliche Gräueltaten, Konflikte wegen Viehraub, Kindesentführung oder Rachemord eskalierten zu immer mehr Gewalt.

Das hat natürlich auch viel mit mangelnder Bildung zu tun. Von den etwa 200.000 Menschen, die hier in der Region leben, haben nur etwa 1% einen Universitätsabschluss, und die meisten von ihnen gehen zum Arbeiten in die großen Städte. Ich möchte bleiben und in der Region helfen.

Als ich von einem speziellen Kurs zur Friedenskonsolidierung erfuhr, war mir klar: Das ist genau das, was ich will. Aber meine Eltern waren nicht in der Lage, die Bildungsausgaben zu decken. Deshalb bat ich den Gründer des Peace Village, Bischof Emeritus Paride Taban, um Hilfe. Er hat sich dann gemeinsam mit der Verwaltung des Peace Village um das Fundraising gekümmert.

Um was für ein Studium handelt es sich genau?

Ich absolviere ein Bachelorstudium in Friedensförderung und Entwicklung am Protestant Institute of Arts and Social Sciences (PIASS), auch bekannt als Protestantische Universität von Ruanda. Es ist die einzige Universität in Ruanda, an der dieser Kurs angeboten wird, und er wird von Menschen aus ganz Afrika sowie aus Amerika, Asien und Europa besucht. Ich habe mein Studium hier im Oktober 2017 begonnen. Der Kurs umfasst 5 akademische Semester mit Unterricht und 1 Praxissemester.

Was werden Sie nach Ihrem Studium tun?

Ich werde definitiv zum Peace Village zurückkehren, um dort zu arbeiten. Darauf freue ich mich. Sicherlich werde ich hauptsächlich in der Friedensabteilung arbeiten, denn darauf spezialisiere ich mich ja gerade. Ich werde mich allerdings nicht darauf beschränken, sondern alle Fähigkeiten für die Entwicklungsarbeit einbringen, die ich in meinem Studium erlange.

Egal, mit welchen Verantwortlichkeiten ich im Peace Village betraut werde: Ich freue mich, dass ich jetzt das Wissen erlange, um nötige Voraussetzungen zu erfüllen und alle Aufgaben professionell umsetzen zu können. So kann ich dazu beizutragen, dass die Visionen des Peace Village Wirklichkeit werden.

Was bedeutet das Peace Village für Sie?

Das Peace Village ist ein Segen und ein Geschenk für die Menschen in der ganzen Region. Es ist die einzige humanitäre und religiöse Organisation, die sich hier befindet. Das Angebot umfasst Bildung, Frieden und Versöhnung, Gesundheit, Landwirtschaft, Ernährungssicherheit und Straßen. Da es in der Region keinerlei Regierungspräsenz gibt, kümmert sich das Peace Village fast allein um all diese Dinge.

Aber es geht auch spirituelle Gesundheit! Manchmal, wenn ich mich mit Einheimischen treffe, sagen diese mir, dass sie sich früher für wertlos und nicht menschenwürdig hielten. Das Peace Village hat ihnen geholfen, ihren Wert und ihre Menschlichkeit zu erkennen. Dieses Zeugnis ist so kraftvoll! Deshalb habe ich mich der Arbeit im Peace Village verschrieben.

Man muss sich das einfach mal vorstellen: Das Peace Village ist heute im ganzen Südsudan der einzige Ort, wo ich hingehen und wo ich schlafen kann, ohne Angst vor Angriffen zu haben. Es ist der sicherste Ort. Vorher gab es hier ein einziges Schlachtfeld kriegführender Gemeinden. Nur im Peace Village leben die Mitglieder fast aller Stämme im Südsudan in Harmonie und Liebe zusammen, das ist wirklich einmalig.

Wie beurteilen Sie den Einfluss des Peace Village auf die südsudanesische Gesellschaft?

Das Peace Village hat die beste Grundschule im Südsudan, und aus der weiterführenden Schule gehen viele Abiturienten hervor. Sie alle haben die hiesige Gemeinschaft erlebt. Einige davon besuchen jetzt höhere Bildungsanstalten. Es ist nur eine Frage der Zeit bis es viele Universitätsabsolventen gibt, die vom Peace Village vorbereitet und geschult wurden.

Aber schon jetzt gibt es dank des Peace Village einen relativen Frieden zwischen den kriegführenden Stämmen in der Umgebung. Jedenfalls ist es kein Vergleich zu den früher weit verbreiteten verheerenden Kämpfen, die binnen eines Jahres Tausende von Menschenleben kosteten und bei denen viele Güter verloren gingen.

Ein anderer Punkt: Früher starben alte und kranke Menschen oft wie Tiere, weil es keine medizinischen Einrichtungen gab. Heute ist die Sterblichkeitsrate wegen der Gesundheitseinrichtung im Peace Village deutlich gesunken.

Es hat sich so viel verändert! Der Stamm der Toposa bestand ursprünglich aus Nomaden und Hirten, die auf Milch und Fleisch von ihrem Vieh angewiesen waren. Jetzt haben die Menschen in Kuron alternative Lebensgrundlagen wie die Landwirtschaft geschaffen. Damit gibt es gerade in der Trockenzeit eine zusätzliche Nahrungsquelle.

Außerdem haben die Menschen durch die spirituelle Hilfe des Bischofs und der Geistlichen christliche Werte erworben und erkannt, dass sie ein Volk Gottes sind. Ich denke, dies ist eine wesentliche Komponente, weil auf diese Weise die Liebe zu anderen Menschen geweckt wird.

Dies sind nur einige der Aspekte des Peace Village, die in der südsudanesischen Gesellschaft interessiert wahrgenommen und auch nachgeahmt werden, weil die Folgen der guten Arbeit für alle deutlich sichtbar sind.

Herr Lokii Lokwaar Eliah, vielen Dank für das spannende Gespräch! Gibt es noch etwas, das Sie uns sagen möchten?

Ja, unbedingt! Ich möchte der Diözese Rottenburg-Stuttgart für die Hilfe danken, die sie mir anbietet. Danke auch an alle, die mit ihren Spenden mein Studium möglich machen: Ihre Investition bedeutet für mich und die Menschen in Kuron einen großen Unterschied, und die Auswirkungen machen sich nicht nur in Kuron und in den angrenzenden Gemeinden bemerkbar, sondern im ganzen Südsudan. Dafür danke ich Ihnen von ganzem Herzen!

 

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